Die im Retro-Stil gezeichnete Brixton Cromwell 1200 hinterlässt als erstes Big Bike des österreichischen Herstellers KSR einen guten Eindruck

Fahrbericht: Brixton Cromwell 1200

„I’am from austria. Not.“

Die im Retro-Stil gezeichnete Brixton Cromwell 1200 hinterlässt als erstes Big Bike des österreichischen Herstellers KSR einen guten Eindruck. Zu mäkeln gibt es nur an Details.

An die UK-Flagge angelehnte Embleme seitlich am Tank, eine ganze Reihe von kreuzförmigen Markenemblemen an Scheinwerfer, Tankdeckel, Fußrasten und diversen weiteren Stellen der in dezentem Grau lackierten Brixton Cromwell 1200 signalisieren Briten-Flair. Man findet an ihr reichlich Anklänge an bekannte britische Bikes, wobei sich der Gedanke an die Triumph Bonneville besonders aufdrängt.

Doch von altem Adel ist diese Brixton nicht: Ersonnen und gezeichnet in einem 400 Seelen-Dorf in Niederösterreich, nämlich bei der in Gedersdorf bei Krems ansässigen KSR Group. Die lässt sie in China bauen. Was sich, glücklicherweise, deutlich im Preis und so gut wie nicht in der Anmutung bemerkbar macht: 10.000 Euro für ein ordentlich ausgestattetes und auch ebenso verarbeitetes Retro-Motorrad mit gut 1.200 Kubikzentimetern Hubraum sind vergleichsweise günstig.

Der Markenname Brixton ist erst sechs Jahre alt; 2016 erschienen die ersten Fahrzeuge der Österreicher. Nett gemacht sind sowohl Cromwell 125 und 250, dazu gibt vier weitere Baureihen mit bis zu 500 Kubik. Und nun ist mit der Cromwell 1200 das erste Big Bike dieser Marke verfügbar. Es ist ansehnlich, mit kleinen LED-Blinkern, hübsch gestaltetem Rücklicht, einem an einen Kompass erinnernden LED-Rundscheinwerfer mit witzigem Tagfahrlicht und reichlich Stahlblech: Die Cromwell ist keine Blenderin, sondern bringt Substanz und damit auch Masse mit. Das Leergewicht von 235 Kilogramm hat glücklicherweise keine wirklich bösen Auswirkungen auf den Umgang mit ihr, wobei auch der recht kleine Wendekreis hilft. Die Cromwell ist gut austariert, die Sitzhöhe von 80 Zentimetern und das gelungene Dreieck Lenker-Sitz-Fußrasten ermöglichen entspanntes Sitzen. Auch längere Zeit, denn die wohlgeformte, fast vollkommen flache Sitzbank ist straff, aber komfortabel gepolstert.

Mit dem Zweizylinder-Vierventil-Reihenmotor – Hubraum 1222 ccm, eine obenliegende Nockenwelle, 61 kW/83 PS und 108 Nm Drehmoment – haben die Brixton-Entwickler einen Bullen erschaffen: Seine Stärken liegen klar bei mittleren Drehzahlen, wobei dann aus der gebürsteten Edelstahl-Doppelauspuffanlage ein sympathisches, unaggressives Bollern ertönt. Obenraus dreht er zwar willig und auch fast völlig vibrationsfrei, aber das bereits bei 3.100 U/min anliegende Drehmomentmaximum weist deutlich den Weg. Nämlich zum Schalthebel. Der lässt sich ein wenig hart, aber immerhin präzise bedienen. Meist liegen beim Fahren also 2.500 bis 4.000 Touren an. Auch im sechsten Gang, denn dann zeigt der Tacho bereits 140 km/h – genug für noch komfortables Vorwärtskommen mit einem Nakedbike. Der Benzinkonsum liegt bei angemessenen 4,5 bis 5 Litern auf 100 Kilometer, die Reichweite beträgt knapp 300 Kilometer.

Der Fahrzeugaufbau ist konventionell: Doppelschleifen-Stahlrahmen, 41er Telegabel mit „antiken“ Gummi-Faltenbälgen, 18 Zoll-Vorderrad mit Speichen und doppelten Federbeinen hinten. Die saubere Abstimmung aller Komponenten lässt die Cromwell auch auf schlechteren Straßen als hinreichend komfortabel erscheinen. Das Einlenken in Kurven erfordert einen eher deutlichen Impuls am gut zur Hand liegenden Lenker, doch werden Biegungen stets sauber und unaufgeregt umrundet. Gut gefällt auch die Dreischeibenbremsanlage, mit der recht kurze Bremswege möglich sind; das ABS regelt sehr sorgfältig.

Die Ausstattung ist gut: Neben einem klassisch-runden Zentralinstrument mit recht gut ablesbarem TFT-Display samt USB-Buchse und einer Antischlupfregelung werden die zwei Fahrmodi „Eco“ und „Sport“ geliefert. Beim Wechsel verändert sich auch das Display. Eco passt gut zur 1200er, Sport packt entschieden zu spontan und damit grob zu. Weiterhin findet sich ein Tempomat, die runden Spiegel sind stilistisch und funktional ok, ansonsten das Übliche. Der Blinker würde exaktere Druckpunkte vertragen, schön wäre natürlich eine Rückstellautomatik. Und wenn wir schon beim Mäkeln sind: Im Stop-and-Go-Verkehr kann der Lüfter stören, weil er die Motorabwärme exakt auf die Fahrerbeine leitet. Es gibt also keine wirklichen Mängel an der Brixton Cromwell 1200, und vielleicht lassen sich ja die Gasannahme im Sportmodus, das etwas rustikale Getriebe und auch die Abdeckung des Sitzbankschlosses im hinteren Kotflügel im Rahmen eines Updates optimieren.

Unser Fazit fällt schlussendlich positiv aus: Käufer erhalten ein gut brauchbares Motorrad fürs Geld, wozu auch die ordentliche Verarbeitung und die gefälligen Materialien beitragen. Brixtons erster Schritt in die große Hubraumklasse ist gelungen.

Ulf Böhringer/SP-X

Technische Daten Brixton Cromwell 1200

Motor:  Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Reihenmotor, 1222 ccm Hubraum, Leistung 61 kW/83 PS bei 6.550 U/min., max. Drehmoment 108 Nm bei 3.100 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kette

Fahrwerk: Stahl-Doppelschleifenrahmen; 4,1 cm Telegabel vorne, 12 cm Federweg; Stahl-Zweiarmschwinge hinten, zwei Federbeine, Vorspannung einstellbar, 8,4 cm Federweg; Drahtspeichenräder; Reifen 100/90 R 18 (vorne) und 150/70 R 17 (hinten). 31 cm Zweischeibenbremse vorne, 26 cm Einscheibenbremse hinten

Assistenzsysteme: ABS, 2 Fahrmodi, Antischlupfregelung, Tempomat, Antihopping-Kupplung

Maße und Gewichte: Radstand 1,45 m, Sitzhöhe 80 cm, Gewicht fahrfertig 235 kg, Zuladung 220 kg, Gesamtgewicht 455 kg; Tankinhalt 16 l

Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit 198 km/h, 0 bis 100 km/h ca. 4,5 sec, Normverbrauch 4,6 l/100 km, Testverbrauch 4,5 bis 5,0 l/100 km, Standgeräusch 89 dB(A)

Farben: Schwarz, Grün, Grau

Preis: 10.000 Euro